Gesichter einer Krebstherapie
Die Wandlung durch die Zeit ist ein Wunder der Natur. Als Patient hat mich stets interessiert…was passiert denn da. Und vor allem…was passiert mit mir. Was bisher passierte, kann ich nun sagen…und in Bilder fassen. Beginnen möchte ich damit ca. 1,5 Jahre bevor ich ins Krankenhaus kam. Im August 2012 startet das also. Die Stimmung, das tut mir übrigens nicht leid, habe ich dabei nicht eingefangen. Die Stimmung meiner Wenigkeit war und ist nicht immer gut und wenn ich zurück blicke, dann schreibe ich an dieser Stelle auch besser nichts dazu. Das Wenige hier zwischen den Zeilen sollte ausreichen. Denn wenn ich anfange etwas zur Stimmung auszuformulieren, dann muss alles raus und das passt nicht auf eine leserliche Seite.
Aus dem Grund lasse ich Bilder reden die Zeigen wie sich ein Mensch verändert. Zumeist in Farbe, ohne etwas daran geändert zu haben. Einfach nur die Zeitreihe.
An den ersten beiden Bilder oben und hier rechts sieht man dass die Augen müde erscheinen. Man glaubt’s kaum, der ganze Kerl ist es. Müde durch und durch. Rechts sehen wir den Dezember 2012. Damals dachte ich noch, es wäre ja eine klasse Sache wenn man essen kann was man will und nimmt dabei ab. Ich war mir nicht ganz sicher aber irgendwas hat mich damals schon an der Theorie gestört. Den Arzt kann man fragen…ist auch nur ein Mensch. Wenn er alles sucht und nichts findet…so mancher stirbt dann in der Zwischenzeit.
Nur 3 Monate später, im März 2013 sieht das Kerlchen dann auch recht mager aus. Nunja, da fehlen aber nur ca. 3 Kilogramm. Aber so wie es hier links aussieht hab ich mich auch irgendwie gefühlt. Es ist anzunehmen dass ich das „Geschwür“ (schön wenn’s es nur sowas gewesen wäre) so ca. 5 Jahre in mir rumgetragen habe. So lange hab ich mich eben auch mit Problemen rumgeplagt.
Vor dem OP, das war dann nun im April 2014, hatte ich insgesamt mehr als 8 Kilogramm gegen die letzten 2 Jahre verloren.
So Manche(r) könnte nun fragen warum ich nicht mehr Ärzte geärgert habe. Ist eine längere Geschichte. Wir, nämlich mein Hausarzt und ich, haben sie alle geärgert. Sie haben uns nur nicht alles gesagt… …genau… …deshalb steht hier nicht alles, sondern nur ca. der grobe Verlauf der Dinge. Ich rate allen die in ein Krankenhaus gehen…sichert euch vorher ab und notiert euch dort alles was auffällt, denn ihr werdet es im schlimmsten Fall brauchen. Auch Bildmaterial.
Am 04.04.2014 wurde ich „neu geboren“ und am 17.04. gleich nochmal „nachgepflegt“. Ein Pfleger hatte die künstliche Ernährung hochgedreht und in mir eine Umkehrosmose gebastelt. Das mag das Lymphsystem nicht und hat dann auch gleich Chylus, also das Fett, in den Körper entlassen und das ist dann aus meinen Drenagen gelaufen. Also nochmal aufschnippeln, zunähen und wieder zusammenbasteln. Von weiteren „Kleinigkeiten“ schreib ich jetzt mal nicht. Wer ins Krankenhaus geht sollte tunlichst auf sein Umfeld und die eigene Gesundheit achten. Mitte April 2014 sah ich somit aus wie hier links dargestellt.
Hat es ein Patient schonmal so weit geschafft. Dann kommt, wir reden ja vom Krebspatienten, die Chemotherapie. Darauf hatte ich mich zumindest moralisch mal eingestellt und wie soll man etwas positiv sehen wenn man dabei ins Heulen kommt. Also Rasenmäher her und runter mit der Wolle. Wenn Sie dann ausfällt macht es keinen zu großen Schaden. Im Mai 2014 war ich dann also immer noch recht unrasiert, aber dafür sah der ganze Kopf so aus.
Mir war zwar bewusst dass es mich die Haare kosten kann. Nur das es so zerfressen aussieht, darauf war ich nicht ganz gefasst. Im Juni 2014 sah ich dann aus wie ein gerupftes Huhn und blickte ziemlich hilflos aus der Wäsche. Ja, so ging mir es auch. Das Gefleddere hab ich dann noch ganz kurz rasiert und schliesslich wöchentlich mit Panzertape beklebt und abgezogen. Denn die ausfallenden Haare sitzen dann in der haut und wollen nicht immer raus. Dann stachelt dass ganz furchtbar, allerdings nicht oberflächlich, sondern eben in der Haut.
Und zack, da war sie…die Glatze. Ab Juli 2014 konnte ich also gänzlich ohne Rasur den Haarwuchs im Zaun halten…da war ja auch Keiner. Nicht mal ein Härchen hat sich die Folgezeit gezeigt. Hört sich alles lustig an. Wer 6 Chemozyklen mit je 4 Behandlungsterminen und 4 zusätzlichen Tagen mit Chemo-Heimverpflegung (Tabletten für Zuhause) durchmacht, dem vergeht jeder Spaß. Aber dafür heisst das ja auch „Eskaliert“. Da hat auch Niemand was von harmlos gesagt.
Ein Arzt sagte mir zu Beginn der Chemo „viele sterben entweder am Krebs oder an der Chemo…“. Das er das nicht auf mich bezieht, hat er freundlicher Weise dazu gesagt. Im Nachhinein wär ich mir aber nicht mehr ganz so sicher ob ich das nochmal überstehe.
So kommt man dann irgendwann, ich konnte es erst Wochen später fassen, aus der Chemo raus. Und oh Wunder, so sieht das dann aus wenn die Welt wieder von vorne beginnt. Im November 2014 also konnte man deutlich sehen, da kommt wieder was. Ja, das hier links sieht unrasiert aus. Das soll es auch. Denn wer das alles gleich rasiert hat so seine Problemchen mit der Dokumentation. Ich will ja wissen wie das die Natur macht. Also bleibt das alles brav unangetastet.
Zumindest bis zum Dezember 2014. Hier kommen die letzten beiden unrasierten Bilder. Dann reicht das auch. So sieht das also 2,5 Monate nach der Chemo aus. Muss es nicht, ist ja subjektiv. Mir hat das zur Dokumentation dann auch gereicht. Dann kam der Rasierer wieder zum Zuge.
Bis hier kann nun also jede(r) nachvollziehen wie, zumindest an mir, ein schwerer OP und eine nachvollgende, starke Chemotherapie, den Menschen optisch verändert. Zum Glück gibt’s von der Seele keine Bilder…